Unterwelt

Die Rheinhauser „Unterwelt“,
direkt unter dem Markt

Im Untergrund mit Rudi Lisken
Ein Erlebnisbericht von KLAUS THIEL-KLENNER
07.04.2005

Das Wetter konnte sich nicht recht entscheiden: mal brannte die Sonne auf den Rheinhauser Marktplatz hinab, mal Regen.
Immer im Wechsel. Genau das richtige Wetter, um in den Untergrund zu gehen.
Rudi Lisken hatte in den Bunker unter dem Marktplatz geladen und rund 80 interessierte Bürger waren gekommen, um seinem Vortrag mit Bildern aus der Rheinhauser Stadtgeschichte zu lauschen. Nach der Begrüßung und einer kleinen Einführung am Marktmeister-Häuschen ging es aus dann in die Tiefe.
Es dauerte eine Weile bis die zum großen Teil älteren Teilnehmer die steile Treppe nach unten gemeistert hatten. Damals, als die Bomben auf Rheinhausen fielen, hatte das alles sehr viel schneller gehen müssen. Heute hatte man glücklicherweise mehr Zeit und die Gefahr geht nur noch von der Treppe selbst aus. Darauf, dass das „Betreten auf eigene Gefahr“ war, hatte Rudi Lisken vorher noch hingewiesen. Ohne Zwischenfälle erreichte die Gruppe den Bunker und wurde von Lisken zunächst einen langen Tunnel entlang geführt. Nach dem hellen Sonnenschein hatten viele Probleme, in dem dunklen Tunnel etwas zu sehen, und das, obwohl Lisken vorher die Glühbirnen noch durch stärkere ersetzt hatte.

Man mag sich nicht vorstellen, wie das 1944 ausgesehen hatte. Damals hatten 200 bis 250 Menschen hier unten regelmäßig Zuflucht vor dem Tod im Bombenhagel suchen müssen, darunter auch der damals 10jährige Rudi Lisken.
Der Tiefbunker unter dem Hochemmericher Markt ist größer, als manche erwartet hatten und reicht ungefähr bis zur Mitte des heutigen Marktplatzes. „Wir sind jetzt unter der Trinkhalle an der Duisburger Straße“, erläuterte Lisken.

Zwischen den einzelnen Tunnelabschnitten sind schmale Durchgänge, in denen früher Trennschächte mit Eisentüren waren. Ein mit einer Stahlkappe verschlossenes Loch neben dem Durchgang diente der Sprechverbindung von Raum zu Raum. Links und rechts neben dem Durchgang ist eine schmale Nische, kleiner als eine Telefonzelle. „Das waren die Toilettenanlagen“, erzählt Lisken. Hier hatte ein Kübel gestanden, hinter einer Abdeckung. Noch etwas, was man sich heute nicht mehr vorstellen mag. Einen „Wellness“-Bereich hatte es in diesem Tiefbunker offensichtlich nicht gegeben.

Es ist eng, feucht und stickig im Tunnel und die ersten machten wieder kehrt, nach oben, in Luft und Wärme. Die anderen wurden von Lisken in einen anderen, etwas kleineren Tunnel geführt, wo Tische, Bänke und eine Leinwand aufgebaut waren. Ein Diaprojektor ließ alte Zeiten wieder aufleben. Rudi Lisken zeigte Bilder vom Marktplatz in den 30er Jahren, von der Einweihung des Bunkers 1934 und Bilder der Innenstadt in den Kriegs- und Nachkriegsjahren, vom Arbeitskampf bis zum heutigen Marktgeschehen und der Innenstadt.

„Ich habe so schöne Bilder von Rheinhausen zuhause, dass man meint, man wäre in einem Luftkurort – man muss nur im richtigen Moment knipsen“, meinte Lisken. Zur Auflockerung veranstaltete Rudi Lisken ein kleines „Gewinnspiel“ und Zuschauer, die Straßen, Plätze oder auch Personen erraten hatten, konnten einen Bildband mit vielen der gezeigten Fotos gewinnen.


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